NACHHALTIGE PARKPFLEGE

Nebenstehendes Urteil zur Planungsumsetzung formulierte Sckell 1825 in seinen Beyträgen zur Gartenkunst. Dies hat sich bereits in den folgenden Jahrzehnten bewahrheitet, 1888 fordert H. Jäger: „Als ein gutes Mittel, die künftige Ausbildung der Anlagen im Sinne des Planers zu sichern, auch nachdem derselbe vom Schauplatz abgetreten, betrachte ich eine Art Testament, eine schriftliche Verfügung über die hauptsächlichen Pflanzungen, wie diese in Zukunft gehalten und durch die Axt verändert werden sollen.“

Künstlerische Ideen in die Zukunft zu projizieren oder Reaktionsszenarien eines Künstlers in geänderter Umwelt zu entwickeln, kann dem Anspruch einer gesicherten Prognose nicht gerecht werden. Dies wird regelmäßig auf Vermutungen basieren und sich an den gegebenen Umständen (Zeitgeist, Mode, Kosten) orientieren.

Die von Sckell ausgeführte Gartenkunst gar in starre Regeln einer Bewirtschaftung einzufassen, scheitert bereits im Ansatz: Es liegen kaum eindeutig von Sckell gezeichnete Unterlagen vor; geschweige denn seine Erläuterungen dazu. Es besteht immer wieder die Unsicherheit, ob ein (Sckell zugeschriebener) vorliegender Plan nun eine Planung im eigentlichen Sinne, oder einen status-quo oder auch nur einen Entwurf darstellt. Planungs-, Bestandes-, oder Pflegepläne müssen in Art, Sinn und Zeit letztlich zugeordnet werden. Deutlich wird dies in Nymphenburg an der Entwicklung der Waldsäume in den verschiedenen Plänen.

Aber auch bei den im Karree gezeichneten Pyramidenbäumen (Eiche oder Pappel?) im Blutenburger Durchblick: es ist nicht vorstellbar, dass Sckell seine harmonische Talkomposition durch Symmetrie zerstören wollte (Pyramideneichen sind an dieser Stelle nicht nachgewiesen; die von der Gärtenverwaltung immer wieder teuerst nachgepflanzten Pyramidenpappeln verdeutlichen mit ihrem jämmerlichen Zustand selbst dem Laien ihr Unwohlsein.).

Besondere Schwierigkeiten treten naturgemäß bei Rückführungen auf den vermeintlich richtigen historischen Zustand unter heute geänderten ökologischen und sozialen Bedingungen auf. Planungsgrundlagen für Gegenwart und überschaubare Zukunft sollten daher erst mit den Beteiligten diskutiert und einvernehmlich zusammengefasst werden.

In der Literatur wird dieses Problem zumindest außerhalb Nymphenburgs unter dem Begriff des Parkpflegewerks und den einhergehenden Schwierigkeiten diskutiert. Eine Diskussion, die sicher auch in Nymphenburg zu führen ist (wie im Kolloquium auf Einladung des Staatsministers Faltlhauser im März 1999 begonnen).

Das grundsätzliche Problem eines nicht vorhandenen „Testaments“ hängt sicher auch mit der Person Friedrich Ludwig Sckell selbst zusammen, der sich nach dem Studium der Gärten mit aufklärerischer Begeisterung mehr und mehr zu einem eigentlichen Künstler und Gartenphilosophen entwickelte. Deutlich wird dies bei der Betrachtung der Sckell`schen Methode, den Verlauf der Wege mit einer Stange „direkt in der Natur zu zeichnen“ – Landschaft wird zum Gestaltungselement. Dies im Gegensatz zu den Landschaftsmalern des 18. Jahrhunderts jedoch durch direkte Aktion und damit im Sinne der (150 Jahre älteren) Land-Art als einer Form der Aktionskunst in der Moderne.

Die Schwierigkeit der Pflege künstlich-natürlicher Sckell`scher Parks wird auch im Schloßpark Nymphenburg deutlich, der in den letzten 200 Jahren einige zum Teil wegen der jeweils vorherrschenden Gartenmode bedingte Änderungen erdulden musste, aber als Sommerresidenz des Hauses Wittelsbach auch Schutz erfahren durfte.Behutsamkeit und Stetigkeit sollten sicher die Hauptmerkmale der Pflege des historischen Parks Nymphenburg sein.

Auf diesem Wege hätte man sicher dem Künstler Sckell in die Zukunft folgen können. Hier hatten sich in der Vergangenheit allerdings einige Irrwege eingeschlichen, besonders deutlich am Übergang der Wald- zu den Wiesenbereichen.

Der Schlosspark Nymphenburg verfügt noch heute über eine in München seltene ursprüngliche Naturnähe. Die Strukturen der natürlichen Waldgesellschaften, in die der Park von Sckell eingefügt wurde, finden sich noch heute. Der Park ist damit ein Stück dynamischer Waldnatur. Er erhält und entwickelt eine Natürlichkeit, die heute zur europaweiten Bedeutung führt und eines entsprechenden Naturschutzes bedarf. Im Ballungsraum München ist der Schlosspark heute eine Oase der Ruhe und der Erholung. Er bewahrt unersetzliche Natur in der Stadt und hat bedeutende soziale Funktionen.

Schloss Nymphenburg steht schon seit Jahrhunderten im Blickpunkt nicht nur der lokalen Anwohner. In seiner Eigenart als Residenz des Hauses Wittelsbach wurde es zum Begriff, bis heute natürlich auch mit seiner architektonisch hervorragenden Wirkung der Schlossanlage mit Ehrenhof und Park.
Gerade der Park wird von den Münchner Bürgern auf vielfältigste Weise regelmäßig für Erholung und Freizeitgestaltung, Naturbeobachtung und Genuss in Anspruch genommen. Die Besucher entwickeln einen eigenen Blickwinkel für „ihren Park“, fokussieren letztlich auch die Bedeutung des Parks auf eigene Bedürfnisse.

Die Notwendigkeit von Denkmalschutz und Denkmalpflege hat sich in den letzten Jahrzehnten in Bayern durchgesetzt und muss kaum mehr diskutiert werden. Ähnliches gilt für die Bedeutung des Naturhaushaltes und den Naturschutz. Ein historischer, durch die gestaltete sowie die sich eigenständig entwickelnde Natur geprägter Park nimmt hier immer eine Zwischenstellung ein. Dies gilt umso mehr für einen Landschaftspark. Dem Schlosspark Nymphenburg werden dabei – zumindest außerhalb der barocken Anlage – von der Gesellschaft eher die Wertigkeiten des Naturraumes eingeräumt oder zugewiesen.

Diese einseitige Betrachtung führte bereits in den 1960er Jahren zu öffentlichen Auseinandersetzungen um die Art der Pflege. Die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen hatte begonnen, dem „Wildwuchs“ im Park zu begegnen und wegen der Intensität der Durchführung in der Öffentlichkeit einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen. Die Maßnahmen wurden dann sehr eingeschränkt fortgeführt, die zu erwartenden Probleme natürlichen Waldwachstums jedoch völliger außer acht gelassen. Wiederholt zeigt sich dies in der jüngeren Vergangenheit bis heute, da die BSV unter Berufung auf die Interpretation der vorliegenden historischen Pläne bevorzugt alte Bäume fällt, um den Park auf die vermeintlichen Sckell`schen Ideen zurückzuführen.

Umstritten ist hierbei besonders die „Rückführung“ der Königlichen Ziergärten, welche die Entfernung von Rosengärten und Magnolienbäumen sowie Springbrunnenanlagen verursachte; aber auch die Art der Bewirtschaftung der Wiesen und Wälder, in denen sich Struktur- und Artenverarmung ausbreiten.

Die Sammlung von über 3000 Stimmen Münchner Bürger sowie die Präsenz des Themas in den Medien macht die Aktualität des Themas deutlich: Müssen (Garten-) Denkmalschutz, Naturschutz und Erholung gegeneinander stehen oder lassen sie sich sinnvoll vereinbaren? Nach Vermittlung durch den zuständigen bayerischen Finanzminister Prof. Dr. Kurt Faltlhauser erklärte sich die BSV bereit, den SCHLOSSPARK-FREUNDEN-NYMPHENBURG E.V. einen Teil des Parks zur alternativen Bewirtschaftung zu überlassen.
Dieser „Vergleichsfläche“ widmet sich das vorliegende Konzept in erster Linie. Es möchte einen Weg aufzeigen, den Ansprüchen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, der Ökologie und der Natur sowie der Wünsche der Bürger langfristig gerecht zu werden. (Die Literatur bezeichnet diesen Ansatz allgemein als Parkpflegewerk.)

Im Pflegekonzept werden auch ungewöhnliche Maßnahmen vorgeschlagen, deren Akzeptanz sicher nur in gemeinsamer Arbeit erreicht werden kann, deren umfassende Wirkung erst nach Übertragung auf den gesamten Park überprüft werden kann. Darüber hinaus liegt es in der Natürlichkeit der Bäume und Wälder, dass dieses Ziel nicht so schnell erreicht werden kann, wie etwa die geänderte Verbauung des südlichen Kanals oder die Anregungen zum Erhalt der Wiesen. Dennoch lässt sich bei Umsetzung des Pflegekonzeptes eine zeitnah sichtbare Wirkung erwarten, die den Ansprüchen und vorausgesetzten Geschicklichkeiten des Friedrich Ludwig von Sckell gerecht werden können. Die Bedeutung des Schlossparkes Nymphenburg wird damit auch für die Zukunft bewahrt.

Kurfürst Maximilian IV. Joseph von Bayern beauftragte Friedrich Ludwig Sckell am 7. Juli 1801 „dass zwar der mittlere Teil des regulären Lustgartens nach seinen Anlagen belassen bleiben, die Seiten Parthien aber, bei Amalien-, Baden- und Pagodenburg in natürliche Gartenparthien umzuschaffen“ seien. Zumindest einer der beiden vorliegenden Gesamtpläne lässt sich zweifelsfrei Sckell zuschreiben und kann – neben anderen Detailplänen und Quellen – als Grundlage für die gartenhistorische Betrachtung bzw. Rekonstruktion dienen.

Friedrich Ludwig Sckell ging bei der Umgestaltung des Nymphenburger Parks im wahrsten Sinne schrittweise vor. Die im größeren Südteil gemachten Erfahrungen dienten ab 1811 den Arbeiten im Nordteil – in dem sich auch die Vergleichsfläche befindet. Bereits am 22. Oktober 1814 berichtet Sckell, dass „die neue Anlage bei Pagodenburg ihrer Vollendung nahe“ sei – damit die Arbeiten an der Umgestaltung des Nymphenburger Schlossparks zu einem Landschaftspark abgeschlossen sind. Sckell hat mit dieser Umgestaltung eine einzigartige Verknüpfung zwischen alter formaler und neuer landschaftlicher Gartenkunst erreicht. Die Übergänge sind zwar zwangsläufig vorhanden, dem gehenden Besucher aber und selbst bei Betrachtung der Pläne nicht unangenehm sichtbar.

Diese Kunst des harmonischen, dabei durchaus kontrastreichen Überganges verfolgt Sckell auch in den Waldpartien, ebenso in der Vergleichsfläche.

Den mit seinen vorhandenen Baum- und Straucharten relativ natürlichen Wald ließ er mit einheimischen Arten wirkungsvoll unterstützend unterpflanzen und ergänzen. Lichte Partien sollten mit dunklen abwechseln, geschlossener Wald und ein Hain finden sich in der Vergleichsfläche, dazu die „Schönheitslinie“ im Übergang von Wald zu Wiese. Das Sckell`sche Ideal ist an beiden Gesamtplänen gut nachvollziehbar – ebenso aber auch die Veränderungen und Unterschiede der Pläne: Offensichtlich hat sich Sckell zwischen den Versionen 1801/04 und 1820 den natürlichen Entwicklungen angepasst.

Deutlich wird dies auch bei Betrachtung der heutigen Vergleichsfläche. Der erste Gesamtplan 1801/04 zeigt einen Bestand mit lichten Partien, deren Waldinnensäume sich an den ehemaligen Achsen des Patte d`oie orientieren. Diese sind nach 15 Jahren im Bereich der neuen Wege akzentuiert zugepflanzt, besonders im Süden aber offensichtlich bereits zugewachsen. Die Dynamik des natürlichen Waldes einarbeitend, stellt Sckell 1820 einen geschlossenen Waldbestand dar, der nun lediglich von zwei gekrümmten schmalen Lichtungen durchzogen wird.

Hieraus ließe sich schließen, dass der erste Gesamtplan 1801/04 noch eine theoretische Planung war, der zweite (eindeutig Sckell`sche) Gesamtplan hingegen die Situation 1820, den status quo, festhält. Ohne über weitere mögliche Reaktionen Sckells auf die Natur spekulieren zu wollen und zu können (da von seiner Hand keine weiteren Pläne vorliegen), muss festgehalten werden, dass sich der Gartenkünstler eine Entwicklung der Strukturen seiner Gesamtplanung zumindest vorbehalten hat. Entsprechend könnten Plan-Details auch als (gestalterische) Versuche angesehen werden, deren Sinn sich noch erweisen sollte. Dies entspricht sicher auch dem künstlerischen Naturell Sckells, ein Werk zu „erschaffen“ – und Details mit dem Recht des Gestaltenden wieder zu verwerfen.

Die Reaktion Sckells auf die Entwicklung des Waldes wird bei Vergleich beider Pläne auch an den Schönheitslinien zwischen Wald und Wiese bzw. Weg deutlich. Damit aber auch Sckells Gespür für die Dynamik des Waldes und seine maßvolle Reaktion. Ziel war ein abwechslungsreiches, gleichzeitig harmonisches Bild, dass sich bestenfalls selbst einstellte, aber durchaus der Unterstützung bedarf.

So entsteht ein sehr naturnaher, in Licht und Schatten, Arten, Alter, Dicke-, höhen- und schichtendifferenzierter Wald.

LAGE, WALDGESELLSCHAFT,
BESTANDESAUFNAHME UND BESCHREIBUNG

LAGE UND VEGETATION

Der Schlosspark Nymphenburg liegt auf der Münchner Schotterebene im Wuchsgebiet der Schwäbisch-Bayerische Schotterplatten- und Altmoränenlandschaft. Das Klima ist wegen des fehlenden ausgeprägten Sommermaximums für das Waldwachstum nicht günstig. Die üblichen gewittrigen Starkregen finden nur vereinzelt statt, sodass in der Vegetationsperiode Niederschläge unter 300 mm erreicht werden. Zusätzlich führt die starke Drainierung der würmeiszeitlichen Schottermassen zu jungen und flachgründigen, relativ nährstoffarmen Bodenbildungen.Zur natürlichen Bestockung gehören Stieleiche und Buche, die sich in subkontinentalen (Labkraut-) Eichen-Hainbuchenwald vergesellschaften und weiter im Norden der Schotterebene in Schwarzerlen- und eschenreiche Auwälder übergehen. Zur regionalen natürlichen Waldgesellschaft ist die Ausbildung der äußerst seltenen Lohwälder zu zählen, die sich im Schlosspark Nymphenburg in Relikten nachweisen lassen.

WALDENTWICKLUNG

Von der natürlichen Waldgesellschaft hat sich im Schlosspark Nymphenburg noch relativ viel erhalten. Dies ist der „Beruhigung“ durch Nutzung des Waldes als königliches Jagdgebiet – das sich bis zum Starnberger See erstreckte – und des nachfolgenden „Schutzes“ durch den Schlosspark zu verdanken. Intensivste ungeregelte Beweidung und Streunutzung fanden im Gegensatz zu umliegendem Forstenrieder, Hofholdinger und Ebersberger Park nicht statt. Dennoch muss der Schlosspark einen unbefriedigenden Eindruck erweckt haben, konnte er sich doch der im 18. und 19. Jahrhundert üblichen Gepflogenheit, die devastierten Laubwälder in Nadelholzwälder umzuwandeln, nicht völlig entziehen. Offensichtlich wurde auch die Vergleichsfläche zum Teil mit Fichte aufgeforstet, die sich allerdings (wegen Windwurfs und weil sie nur eine Generation vorhanden war) kaum durchsetzen.

BESTANDESAUSWEISUNG

Aus den Planungen Sckells (Gesamtplan 1820), der Bestandesgeschichte und der Situation vor Ort (Bestandesstruktur, Luftbildauswertung) wird die Differenziertheit des auf dem ersten Blick geschlossenen Waldes der Vergleichsfläche deutlich.Obwohl sich eine entsprechend differenzierte Gliederung der Fläche in kleinere Einheiten anbietet, wird hier darauf verzichtet. So kann sich das Pflegekonzept auf die zu planenden Maßnahmen konzentrieren. Erst in der Umsetzungsplanung findet eine Ausweisung kleinerer Flächeneinheiten statt, die später zusammengeführt werden sollen.

BESTANDESBESCHREIBUNG

Der großteils geschlossene und einschichtige Eichen-Hainbuchen-Lindenbestand ist 40 bis 160 Jahre alt. Im Hain sowie am Ost- und Westrand befinden sich die älteren Partien, im Inneren und zum Kanal hin die jüngeren. Die bereits 1985 umfassend erstellte Baumartenzusammensetzung trifft noch heute zu. Diese entspricht etwa der natürlichen Waldgesellschaft der Münchner Schotterebene. Hervorzuheben sind einzelne Altbäume von Kirsche, Buche und Esche sowie das Unterlaufen des Bestandes mit Esche. Gerade im Bereich des Hains finden sich hervorragende Altbäume (Hainbuche, Eiche, Linde), ebenso die Lärchengruppe im Nordosten. Liegende oder gar stehende Biotopbäume und Totholz finden sich nur in geringem Umfang, kaum vorhanden sind skurrile Bäume.Sturmbedingt haben sich wenige Lücken mit anlaufender Naturverjüngung insbesondere aus Esche eingestellt. Der Bestand ist größtenteils einstufig und entweder mit den typischen Hainbaumarten (Eiche, Linde, Hainbuche, Buche); oder im jüngeren Bereich zunehmend unter Dominanz der Eschen bestockt. Die Ränder der Fläche haben großteils den Charakter von Waldinnenrändern, die Einnischung von Bäumen zweiter und dritter Ordnung sowie Straucharten tritt zurück.

Der Nymphenburger Schlosspark gilt als herausragendes Beispiel europäischer Gartenbaukunst, als hervorragende Arbeit Friedrich Ludwig von Sckells, dem hier in einzigartiger Weise die Zusammenführung von formaler und landschaftlicher Gartenkunst gelungen ist. Mode- und Kriegsbedingte Fehlentwicklungen wurden bis in die 1990er Jahre größtenteils wieder beseitigt, weitere strukturelle Missstände, etwa im Bereich der Wegeführung, werden angegangen. Dies gelang bisher allerdings nicht in den von Pflegerückständen dominierten Waldbeständen. In der Vergleichsfläche kommt der Strukturierung, Mischung und Verjüngung des Waldes sowie der Erhaltung alter Bäume und des Haines große Bedeutung zu.

Die Bedeutung des Nymphenburger Schlossparks für den Naturschutz wird erkennbar mit der Überplanung und Klassifizierung verschiedenster Schutzkategorien bis hin zur Ausweisung als Bestandteil des europäischen Biotopverbundsystems Natura 2000 (wegen des Vorkommens europaweit seltenster Arten). Der Erhaltung und Entwicklung als Trittstein für seltenste und stadtfremde Arten kommt große Bedeutung zu. Bei der Regierung von Oberbayern soll nach „Stadtratsbeschluss zur Ausweisung von Naturschutzgebieten im Bereich der Landeshauptstadt München“ der Schlosspark Nymphenburg (landschaftlicher Teil) als NSG beantragt werden.

Teile der Wälder des Schlossparks Nymphenburg sind als Relikte der hier vormals flächendeckenden und auf der Münchner Schotterebene nur noch in Relikten vorhandenen natürlichen Waldgesellschaften zu betrachten. Diese sollten wenigstens in den autochthonen Baum- und Straucharten-zusammensetzungen erhalten werden. Der Schlosspark Nymphenburg wird von Besuchern und Bürgern als unersetzliches Erholungsgebiet auf vielfältigste Weise genutzt und gewertet. Die Vergleichsfläche liegt in einem relativ stark begangenen Bereich des Parks und muss in Ihrem ruhigen, geschlossenen Eindruck erhalten bleiben.

KONFLIKTANALYSE

Die Diskussion, die sich im Schlosspark Nymphenburg zwischen den Ansprüchen des Denkmalschutzes und besonders des Naturschutzes, aber auch den Wünschen der Bürger bereits in den 1960er Jahren zeigte, kann in der Literatur spätestens seit den 1980er Jahren regelmäßig verfolgt werden. Ob verwilderte formale Gärten oder sich entwickelnde Landschaftsgärten: Natürlichkeit und Natur stellen sich schnell ein, entsprechend der Umweltschutzgedanken seit den 1970er Jahren auch Schutzgedanken bezüglich der entstandenen Natur. Nach der einschlägigen Rechtsauffassung entsteht dann auch noch eine Vermischung der Zuständigkeiten der Rechtskreise Naturschutz und Denkmalschutz; die Frage nach naturschützerischen Belangen oder konservativem Arten- und Biotopschutz.

Anbetrachts der Meinungen interessierter oder engagierter Bürger schließlich muss man schon von einem realen Konfliktfeld ausgehen. Dabei resultiert die aktuelle Diskussion im Schlosspark Nymphenburg eher aus einer allgemeinen Unzufriedenheit mit dessen Bewirtschaftung. Dies verdeutlichen eindrücklich die 3000 geleisteten Unterschriften ebenso wie die Präsenz des Themas in den Medien. Die SCHLOSSPARK-FREUNDE-NYMPHENBURG E.V. widmen sich sowohl den emotionalen als auch den fachlichen Komponenten des Konfliktes, den es zum Wohl des Schlossparkes Nymphenburg zu lösen gilt.

Neben bereits vorzuweisenden Erfolgen fachlicher Unterstützung und Zusammenarbeit mit der BSV (Kanalverbauung, Wiesenpflege) soll die Vergleichsfläche der schwierigsten Aufgabe im Schlosspark dienen: der langfristigen Entwicklung des Waldes. Letztlich eine Generationenaufgabe, ist es doch, wie der Blick auf das Alter der Bäume und in die Vergangenheit seit Sckell lehrt, auch mit einer ausgezeichneten Planung nicht getan.

Das Konfliktfeld besteht aus den Ansprüchen von Denkmalschutz (Rückführung auf Sckell`sche Planung), Naturschutz (Natura 2000 und andere Schutzkategorien), vielfältigen Bürgerwünschen und schließlich der Verwaltung (Personal, Budget, Haftung). Dazu das durchzuführende waldbauliche Vorgehen, dass mit notwendiger Verjüngung und Strukturierung allen Ansprüchen gerecht werden soll.

Der Schlosspark Nymphenburg hat als historischer Park geistigen, kulturellen, ökologischen und gesellschaftlichen Wert. Unter Beachtung des Gesamtwertes soll das künstlerische Werk Friedrich Ludwig von Sckells sichtbar bleiben, erhalten und gepflegt werden.

Die Ansprüche der Ökologie und der Erholung werden gleichwertig behandelt.

Daraus ergeben sich für das nachhaltige Pflegekonzept folgende Zielsetzungen:

  • Erhaltung des künstlerischen Werks Friedrich Ludwig von Sckells,
  • Sicherung des Erholungswertes,
  • grundsätzlicher Baumschutz,
  • baumerhaltende Maßnahmen finden an Wegen und bizarren Bäumen statt,
  • in den Wäldern soll sich eine differenzierte, mosaikartige und mehrschichtige Waldstruktur mit skurrilen Bäumen sowie stehendem und liegendem Totholz entwickeln.

Die notwendigen Eingriffe werden mit dem Phasenmodell der Nachhaltigen Parkpflege nach dem Grundsatz „Schützen, Pflegen, Entwickeln“ in zeitlich definierter Abfolge behutsam und stetig möglichst ohne Beeinträchtigung der Besucher durchgeführt. Die Maßnahmen werden dokumentiert, die Öffentlichkeit wird begleitend informiert.

Bewertung und Konfliktanalyse haben die verschiedenen Ansprüche an den Schlosspark verdeutlicht, ohne diese gegeneinander aufwiegen zu wollen. Die Konzeptionsgrundlage will das beschriebene Potential gleichwertig behandeln, für die Vergleichsfläche eine Lösungsmöglichkeit. Die Situation auf der Vergleichsfläche ähnelt der des gesamten Schlossparkes Nymphenburg. Abgesehen von einigen Randpartien und Sonderflächen fällt neben wenigen erhaltenen Altbäumen und entsprechend geringem Totholzanteil die vitale Dominanz der 40 bis 60jährigen Eschen-Ahorn-Bestände mit einigen Linden, wenigen sonstigen Laubholzarten und geringem Unterstand auf.

Die Dynamik des Waldwachstums erfordert ein entsprechend dynamisches waldbauliches Konzept. Dieses hat natürlich kein wirtschaftliches Ziel. Neben dem absoluten Baumschutz der Altbäume und Mischbaumarten (Linde, Eiche, Kirsche) sowie der Sonderformen soll der Grundsatz „Schützen, Pflegen, Entwickeln“ mit einem dynamischen Phasenmodell verwirklicht werden.Im Zuge des Phasenmodells der Nachhaltigen Parkpflege werden die Waldbestände (gegebenenfalls zusammengefasst und) in vier Phasen eingeteilt. Diese Phasen orientieren sich grundsätzlich unabhängig von Alter und Baumart an den speziellen definierten Zielen des Bestandes und werden in einer Karte dargestellt:

In der Aufbauphase (25/rot) sind die definierten Ziele erst zu einem Viertel erreicht. In der Entwicklungsphase (50/blau) sind die Ziele zur Hälfte erreicht. In der Pflegephase (75/grün) sind die Ziele zu drei Viertel erreicht. Die Sonderflächen (grau) schließlich bestehen beispielsweise aus Hainen, Pflanzgruppen, Schönheitslinien/Waldrändern und werden von den drei erstgenannten Phasen ergänzt.

Das Phasenmodell der Nachhaltigen Parkpflege unterstützt die Dynamik der Wachstumsprozesse im Wald, will gegebenenfalls (analog Sckell) behutsam und stetig (damit nachhaltig) ergänzen, schützen und erhalten (Baumpflege und -chirurgie). Es setzt durchaus Akzente (Regulierung der Mischbaumarten und -sträucher, Unterholz, Waldränder, Erhaltung und Schaffung liegenden und stehenden Totholzes) und kann grundsätzlich auch auf andere Parkbereiche (nicht nur Wald) übertragen werden. Vielfalt und Differenziertheit, Skurrilität und Schönheit sollen gefördert werden.

UMSETZUNG DER MASSNAHMEN

Die unbefriedigende gartenhistorische Situation, Fehlentwicklungen in Verjüngung und Pflege der Waldbestände und Wiesen sowie die vernachlässigte ökologische Entwicklung lassen die Notwendigkeit und Dringlichkeit der Umsetzung erkennen. Hinzu kommen Wünsche und Ansprüche der interessierten Öffentlichkeit, der Anwohner und Erholungssuchenden sowie der politischen Mandatsträger. Die Maßnahmen sind entsprechend der Zielstellung zeitnah zu beginnen beziehungsweise durchzuführen.

Mit der Konzeptionsgrundlage der Nachhaltigen Parkpflege wird die waldbauliche Behandlung der Vergleichsfläche festgelegt. Die Maßnahmen haben verschiedene Schwerpunkte und werden nach der Festlegung der Einzelarbeiten im Bestand überwiegend manuell durchgeführt.Vorläufiges Ziel ist ein befriedigender Zustand, der der Pflegephase entspricht. Damit sind die Ziele zu drei Viertel erreicht.

AUFBAUPHASE
In der Aufbauphase sind die definierten Ziele zu einem Viertel erfüllt. Die Baumartenzusammensetzung muss reguliert, ergänzt und gefördert werden, um ein mosaikartiges Nebeneinander und Stufigkeit zu erreichen. Naturverjüngung von Buche, Kirsche, Hainbuche, Linde und Eiche sowie anderen Mischbaumarten wird gefördert, Ergänzungspflanzungen finden an geeigneten Stellen mit Baum- und Straucharten statt. Nötigenfalls wird die Eschen- und Ahornnaturverjüngung zurückgenommen, jüngere geeignete Linden werden auf den Stock gesetzt. Alle alten und skurrilen Bäume bleiben erhalten und werden gefördert. Die Waldränder orientieren sich an der Schönheitslinie und werden nach der Wegesanierung entsprechend durchgesetzt. Hierfür findet bestandesnahes Ausmähen, Pflanzung von Sträuchern und Verjüngung der vorhandenen Baum- und Straucharten (auch Lindenstockausschläge) statt.

ENTWICKLUNGSPHASE
In der Entwicklungsphase sind die definierten Ziele zur Hälfte erfüllt. Es findet eine abschließende Regulierung der Mischbaumarten statt. Besonders Kirsche und Eiche werden gefördert, Esche und Ahorn nötigenfalls zurückgedrängt. Um hier Bestandesstabilität und Stufigkeit zu erhalten und den Totholzanteil zu erhöhen, werden geeignete Bäume versuchsweise geringelt: diese bleiben im Wachstum voraussichtlich zurück, die Nachbarn werden gefördert. An geeigneten Stellen wird eine Unterschicht mit wirkungsvoll blühenden oder fruchtenden einheimischen Straucharten (z.B. Vogelkirsche, Weiß- und Rotdorn) akzentuiert eingebracht. Die Waldränder werden regelmäßig an der Schönheitslinie bestandesnah ausgemäht und durch Pflanzung von Sträuchern und Verjüngung der vorhandenen Baum- und Straucharten (auch Lindenstockausschläge) gepflegt. Alle alten und skurrilen Bäume bleiben erhalten und werden gefördert beziehungsweise erhalten.

PFLEGEPHASE
In der Pflegephase sind die definierten Ziele zu drei Viertel erreicht. Die Baumartenzusammensetzung entspricht mit Eiche, Linde, Buche, Hainbuche etwa der natürlichen Waldgesellschaft, besondere Mischbaumarten (besonders Kirsche) können sich behaupten und werden weiter gefördert. Das stufige Nebeneinander erlaubt Naturverjüngung zur Verdichtung der unteren Waldschichten, an geeigneten Stellen wird eine Unterschicht aus Straucharten akzentuiert eingebracht.Die Waldränder sind durch bestandesnahes Ausmähen und nötigenfalls Verjüngungsschnitt laufend zu pflegen und in der Schönheitslinie zu halten, Ergänzungen werden eingepflanzt. An Altbäumen und skurrilen Bäumen finden baumerhaltende Maßnahmen statt, im Wegebereich zusätzlich aufgrund der Verkehrssicherungspflicht. Der stehende und liegende Totholzanteil wird im maximalen Bereich gehalten.

SONDERFLÄCHEN
Friedrich Ludwig von Sckell hat in seinem Gartenkunstwerk besondere Akzente vorgesehen. Hierzu gehören neben der Schönheitslinie im Übergang von Wald zu Wiese beziehungsweise Weg besondere Pflanzungen oder Ausformungen: Haine, Pflanzformationen (Lindenverbund, Eichen- bzw. Pappelkarree), strukturierende Pflanzungen (Lärchengruppen) und Geländemodellierungen. Nicht immer lassen sich heute die Sckell`schen Akzente nachweisen und es stellt sich teilweise die Frage, ob sie überhaupt je vorhanden waren oder nur im Entwurf bestanden. Dies ist im Bestand zu überprüfen und zielgemäß werden die Sonderflächen erhalten und gepflegt.

WALDÄHNLICHE SONDERFLÄCHEN wie die Haine werden entsprechend der Pflegephase behandelt. Lediglich Förderung der Strauchschicht und Unterpflanzung mit Straucharten finden nicht statt. An geeigneten Stellen oder infolge natürlichen Abganges oder Sturm entstandenen Lücken werden Eiche, Linde, Buche, Hainbuche, Kirsche gefördert beziehungsweise nachgepflanzt.

Die Akzentuierung durch STRUKTURIERENDE PFLANZUNGEN von Baumartengruppen (besonders Lärche) sollte dagegen bereits frühzeitig ergänzt werden. In direkter Nachbarschaft werden zeitnah Ersatzbäume gepflanzt, die einige Jahrzehnte parallel stehen und dann die gestalterische Wirkung der abgehenden Altbäume übernehmen können.

GELÄNDEMODELLIERUNGEN gehören neben den Wasserflächen sicher zu den aufwendigsten Maßnahmen in der Sckell`schen Gartenkunst und kommen im Zuge der Arbeiten an der Schönheitslinie durch bestandesnahes Ausmähen wieder zum Ausdruck. Sollte darüber hinaus die Entnahme von Bäumen und Sträuchern notwendig sein, findet dies schrittweise nach vorheriger Verdichtung des Hintergrundes (Förderung der Naturverjüngung, Pflanzung von Sträuchern) statt.

ÖKOLOGISCHE FÖRDERUNG
Um dem besonderen ökologischen Wert des Schloßparkes als Einzelbiotop sowie als Trittstein des Netzes Natura 2000 gerecht zu werden, wird grundsätzlich eine möglichst hohe biologische Diversität angestrebt. Hierzu dient ein möglichst hoher Anteil stehenden und liegenden Totholzes. Biotopbäume und Totholzbäume bleiben erhalten, ebenso bizarre und landschaftlich reizvolle Bäume. Die Erfassung und Dokumentation dieser Bäume sowie solcher mit Faulstellen, Konsolenbäume und Horstbäume ist anzustreben. Im wegnahen Bereich sind diese Bäume zu pflegen und durch baumerhaltende Maßnahmen in jedem Fall zu erhalten.

ZUKUNFT AM SCHLUSS

Der Garten-Aktions-Künstler Friedrich Ludwig von Sckell behielt sich im Schlosspark Nymphenburg eine Re-Aktion auf die dynamische Entwicklung der Natur vor, ohne sein gestalterisches Ziel vielfältiger Raumwirkung aus den Augen zu verlieren. Die Schwierigkeit der Pflege seines naturnahen Landschaftsparks war Sckell bewusst und trotz einiger Fehlentwicklungen hat sich der Schlosspark Nymphenburg als Gesamtkunstwerk bis heute erhalten.

Dieses Kunstwerk zu bewahren bedarf es gemeinsamer Anstrengungen von Denkmalschutz, Naturschutz und Öffentlichkeit, von Verwaltungen und Bürgern.
Das Phasenmodell der Nachhaltigen Parkpflege will eine Basis für die nachhaltige Entwicklung des Schlossparks Nymphenburg schaffen.
Dem Schlosspark Nymphenburg obliegen gerade in gesellschaftlicher und ökologischer Sicht umfangreiche und differenzierte Aufgaben, für die der Park stetig und behutsam zu schützen, pflegen und entwickeln ist.

ABWEICHEND DER ÜBLICHEN BEWIRTSCHAFTUNG DARGESTELLT AN DER „VERGLEICHSFLÄCHE“ SCHLOSSPARK – FREUNDE – NYMPHENBURG E.V.
JACQUES AND. VOLLAND – München, Oktober 2oo3

UNSERE VERGLEICHSFLÄCHE ALS VORBILD IN BAYERN

Schlosspark Nymphenburg – Waldpflege als Denkmalpflege und Naturschutz

Unsere „Vergleichsfläche“, eine in Bayern einmalige Situation, hat zu vielfältiger Resonanz geführt. Auch bei der Schlösserverwaltung. Durch unsere Vermittlung gelang es dann, die Schlösserverwaltung mit der auf gleicher Verwaltungsebene stehenden Bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft zusammen zu bringen. Auch das nötige Geld kam vom bayerischen Finanzminister. Es wurde ein Forschungsprojekt in Angriff genommen. Die Ergebnisse finden Sie hier als PDF-Datei (8,1 MB).

Wundern Sie, liebe Leser, sich aber nicht, dass Sie die Schlosspark-Freunde-Nymphenburg e.V. weder als Sinnstifter noch als Initiatoren der Zusammenarbeit erwähnt finden. Dies entspricht natürlicherweise dem Selbstverständnis und dem Tun einer Verwaltung bzw. ihrer Beschäftigten. Vergleichbares gilt aber nicht nur gegenüber den Bürgern, sondern oft genug auch gegenüber politischen Vertretern. Dessen ungeachtet setzen wir uns weiter für die Interessen der Gesellschaft im Nymphenburger Schlosspark ein. Für Anregungen sind wir Ihnen, liebe Leser und Freunde, dankbar.